Was haben Wellen mit Ecken zu tun?
24. Januar 2022
Prof. Dr. Datong Wu erklärte in seiner ersten Vorlesung an der KinderUni alles rund um das Thema warum man um Ecken hören, aber nicht sehen kann.
Hier noch ein paar Infos zum Dozenten:
Prof. Dr. Datong Wu ging als Kind in Shanghai zur Schule und studierte dort Physik. Er kam nach Deutschland und studierte in Stuttgart weiter. Als Kind war sein Lieblingsfach Mathematik, später fesselte ihn vor allem die Physik. Vor der Vorlesungen ist er stets aufgeregt und nervös. Auch dieses Mal, sein erstes Mal an der KinderUni war er angespannt. In der Vorlesung selbst begeisterte er die Teilnehmer mit interessanten Experimenten.
Fangen wir einfach an, bei Wellen. Ob die „La Ola Welle“ im Fußballstadion und Wasserwellen am Meer oder Schall- und Lichtwellen, jeder kennt sie. Wichtig sind Eigenschaften von Wellen:
- die Amplitude, also die Höhe des Wellenberges,
- die Wellenlänge,
- die Frequenz, also die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde und
- die Ausbreitungsgeschwindigkeit.
Das Verhalten von Wellen wird beschrieben durch:
- die Reflexion,
- die Brechung,
- die Überlagerung und
- die Beugung.
Zur Beantwortung der Frage „Warum kann man um Ecken hören aber nicht sehen?“ ist nur die Beugung interessant.
Was machen Wellen, wenn sie auf ein Hindernis stoßen? Stellen wir uns eine Lücke in einem Staudamm vor, durch den Wasser fließt. Je kleiner die Lücke oder der Spalt im Verhältnis zur Wellenlänge ist, desto runder sind die Wellenbögen hinter der Staumauer. Das ist der Effekt der Beugung.
Licht- und Schallwellen haben unterschiedliche Wellenlängen. Während Lichtwellen sehr kurze Wellenlängen haben (unter einem tausendstel Millimeter), haben Schallwellen eine Wellenlänge von bis zu 10m. Da Licht winzige Wellenlängen hat, ist der Beugungseffekt im Alltag kaum bemerkbar. Anders ist das aber bei den Schallwellen. Hier ist der Beugungseffekt im täglichen Leben sehr wohl bemerkbar, klar die Wellenlänge ist gigantisch. Dadurch ist die Schallwelle auch größer als so manches Hindernis, wie zum Beispiel eine einfache Mauer.
Prof. Dr. Datong Wu hat das an einem Beispiel anschaulich erklärt:
Angenommen auf der einen Seite der Mauer steht ein Lautsprecher, auf der anderen Seite ein Mensch. Die Schallwellen, die aus dem Lautsprecher kommen sind größer als die Mauer selbst, denn der Mensch kann die Musik hören, die aus dem Lautsprecher dröhnt. Bei Lichtwellen dagegen ist das anders. Nehmen wir wieder das Beispiel einer Mauer. Anstatt dem Lautsprecher nehmen wir aber diesmal die Sonne als Lichtquelle. Auf der einen Seite der Mauer steht wieder der Mensch, von der anderen Seite strahlt die Sonne gegen die Mauer. Die Mauer wirft einen Schatten und der Mensch sieht das Sonnenlicht nicht. Die Lichtwellen sind viel kleiner als das Hindernis, in dem Fall die Mauer.
Man kann aber auch die Beugung des Lichts erleben. Etwa mit einem Stück Kunststofffolie, auf welchem auf einem Quadratmillimeter um die 1000 Linien sind, angeordnet wie ein Gitter. Leuchtet man jetzt mit einer Taschenlampe, die weißes Licht wirft, durch die Folie auf einen weißen Hintergrund, so beugen sich die Bestandteile des weißen Lichts unterschiedlich stark. Man sieht auf dem weißen Hintergrund dann alle Regenbogenfarben aufleuchten. Auch das Licht eines Laserpointers kann man sichtbar beugen. Normalerweise erzeugt ein Laserpointer einen kleinen, scharfen Lichtpunkt an der Wand. Hält man allerdings wieder die Gitterfolie in den Lichtstrahl, dann verzerrt sich das Licht. Je näher man die Kunststofffolie an die Lichtquelle hält, umso verzerrter wird der Lichtpunkt.
Man kann also um die Ecke hören, weil Schallwellen, anders als Lichtwellen, größer als das Hindernis sind und die Beugung der Schallwellen bemerkbar ist. Die Beugung der Lichtwellen ist im alltäglichen Leben nicht sichtbar.
Übrigens: Das erste Mal wurde die Beugung von einem niederländischen Physiker vor 300 Jahren erklärt. Dieser hieß Christian Huygens und lebte von 1629 – 1695.
Ich fand die Vorlesung wirklich toll! Dieses doch nicht ganz so leicht zu verstehendes Thema wurde anschaulich und lustig erklärt. Eins ist sicher, ich werde in der Zukunft meine Augen offenhalten, um Beugungseffekte in meinem Umfeld zu suchen!
KinderUni-Reporterin Caro, 11 Jahre
Fotograf Jakob, 9 Jahre